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Beiträge mit Tag ‘Klimaklage’

Ist die Regierung kriminell? In Deutschland? Echt jetzt?

Wiederholt wurde nun gerichtlich festgestellt, dass das was die Bundesregierung Klimaschutzpolitik nennt, tatsächlich von Rechtsbrüchen durchzogen ist.[1] [2] Ein Rückblick.

Mit Jahrzehnte währender Untätigkeit mehrerer Regierungen in Folge hat es angefangen. Gesetze, die erforderlich waren, wurden einfach nicht geschaffen. Warnungen mit ganz konkret berechneten Folgewirkungen der Klimaerhitzung gab es spätestens seit den 1960er Jahren. Seit November 1983 waren diese Folgen auch dem deutschen Bundestag und damit den Regierungen seitdem bekannt, inklusive Vermeidungsmöglichkeiten. Der Bundestag selbst hatte eine detaillierte „Studie über die Auswirkungen von Kohlendioxidemissionen auf das Klima“ in Auftrag gegebenen.[3] Unmittelbar darauf folgte jedoch massive Fossilenergie-Politik.

Seit November 1994 steht Artikel 20a im Grundgesetz. Der Auftrag für den Staat, in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung zu schützen. Im Jahr 2002 ergänzt um: und die Tiere.[4] Das war die Zeit, das Jahrzehnt, in dem Wissenschaftler zunehmend genauer messen und belegen konnten, dass die Klimaerhitzung menschengemacht ist und die Folgen die Warnungen aus den 1960er bis 1980er Jahren überstiegen. Die Fossilenergie-Politik wurde jedoch unbeeindruckt fortgesetzt und sogar intensiviert.

Verleihung des Fritz-Bauer-Preises 2023

Am 14. Oktober 2023 ist den Klimaklägern, die mit ihren Verfassungsbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich waren, von der Humanistischen Union der Fritz-Bauer-Preis verliehen worden. Fritz Bauer war langjähriger Generalstaatsanwalt von Hessen und sozial engagierter Jurist. Und er war Mitbegründer der Humanistischen Union, die in Erinnerung an Fritz Bauer und als Ehrung für sein Wirken den Fritz-Bauer-Preis gestiftet hat.
Der Preis wird an Menschen verliehen, die „unbequem und unerschrocken der Gerechtigkeit und Menschlichkeit Geltung verschaffen“.

Ich bin einer der Preisträger. Zur Verleihung habe ich diese kleine Rede gehalten:

Fritz-Bauer-Preisträger

Die Klimakläger vor dem Bundesverfassungsgericht (2018 – 2021) erhalten den Fritz-Bauer-Preis 2023.

Ich freue mich sehr über die Auszeichnung mit dem Fritz-Bauer-Preis. Die Humanistische Union honoriert damit Menschen, die „unbequem und unerschrocken der Gerechtigkeit und Menschlichkeit Geltung verschaffen“.

Ich war einer der Erstkläger mit Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht. Der einzige Erstkläger mit unter anderem sozial-ökologischen Aspekten in der Verfassungsbeschwerdebegründung. Gerade zu den sozial-ökologischen Aspekten haben die Verfassungsrichter*innen sich inhaltlich nicht geäußert. Das finde ich bedauerlich. In der Wissenschaft ist diese Komponente der Klimakatastrophe längst anerkannt.
Ich kann die Richter*innen dennoch ein bisschen verstehen. Eine verfassungsgerichtliche Behandlung der sozialen Frage der Klimakatastrophe hätte dieses Land auf den Kopf gestellt.
Es braucht wohl noch mehr Unerschrockenheit für diesen nötigen Schritt.

„Unbequem und unerschrocken“ – ich hätte nicht gedacht, dass ich dafür einmal einen Preis bekomme. Wenn ich mich für Gerechtigkeit, Grundrechte, Menschenrechte, Fairness und Ausgleich zwischen Menschen und zwischen Menschen und Mitwelt einsetze, erlebe ich sonst, dass ich gemieden werde.
Ich kann nicht anders als mich für Menschenrechte einsetzen.
Deshalb war die Nachricht über die Auszeichnung auch erschreckend. Weil sie etwas über den Zustand der Welt sagt.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu meiner Klimaklage sowie weiteren Klima-Verfassungsbeschwerden

Wir haben gewonnen! Wesentliche Teile des Klima(schutz)gesetzes sind verfassungswidrig.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 24. März 2021 die Grundrechte verletzende Unzulänglichkeit des deutschen Klimaschutzgesetzes festgestellt.

Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner Entscheidung die besondere Bedeutung des Art 20a GG heraus, demzufolge die natürlichen Lebensgrundlagen für die künftigen Generationen zu schützen sind. Daraus resultieren besondere Pflichten für Legislative und Exekutive. So müssen „bereits belastbare Hinweise auf die Möglichkeit gravierender oder irreversibler Beeinträchtigungen“ die Richtung heutiger politischer und gesetzgeberischer Arbeit bestimmen.

Der unzureichende Schutz des Klimas durch die Legislative und Exekutive in Deutschland ist nicht mit einem Hinweis auf den global gesehen nur kleinen Anteil von Emissionen in Deutschland entschuldbar. Das Verfassungsgericht verpflichtet den Staat zu internationalem Handeln.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung der Politik des Vertagens und nur Reagierens, wenn es eigentlich schon zu spät ist, einen Riegel vorgeschoben. Die Leitsätze zum Beschluss des Verfassungsgerichts stellen in aller Klarheit fest, dass es für den Schutz der Grundrechte in der Gesetzgebung nicht ausreicht, auf Entwicklungen und Erkenntnisse zu reagieren. Vielmehr geht es darum, „weitere Entwicklungen zum Schutz der Grundrechte regulatorisch überhaupt erst zu ermöglichen“. Das ist ein Punkt, auf den ich immer wieder hingewiesen habe. Eine Verlagerung von angemessenen Klimaschutzmaßnahmen in die Zukunft, insbesondere Emissionsreduzierungen, ist nicht zulässig, da das eine „umfassende Freiheitsgefährdung“ in zukünftigen Jahren darstellt. Besonders erfreulich ist, dass in der Entscheidung auch die soziale Komponente der Transformation hin zu einem klimaneutralen Leben erwähnt ist.
Das Verfassungsgericht hat auch festgestellt, dass die Rolle des Parlamentes nicht auf ein Abnicken von regierungsintern aufgestellten Verordnungen reduziert werden darf. Die Gesetzgebung zu so wichtigen Themen wie der Klimaerhitzung muss vielmehr dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren folgen, das heißt mit voller Beteiligung des Parlamentes.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedeutet, dass Klimaschutz zukünftig auf der Basis von wissenschaftlicher Erkenntnis und Grund- bzw. Menschenrechten zu erfolgen hat.
Konkret müssen Legislative und Exekutive bis zum 31. Dezember 2022 einen realistischen Emissionsreduzierungspfad bis zur Neutralität vorlegen.

Auch wenn die Einzelbeschwerden in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Freiheitsrechte hinaus nicht in größerer Tiefe behandelt werden, sehe ich meine Argumentation in den Leitsätzen zur Entscheidung dennoch bestätigt. Ein „Weiter so“ ist ab heute nicht mehr möglich. Die Grundrechte haben ihre Verbindlichkeit wiedererlangt.

Zur Pressemitteilung des BVerfG: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html

Und detailliert:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/e/rs20210324_1bvr265618.html

 

Bundesverfassungsgericht reagiert auf unsere Verfassungsbeschwerde

Mit den Lebensgrundlagen der Menschen wird gezockt. Dabei werden Menschenrechte gerne ‚übersehen‘. Ein Zustand fast überall auf der Erde, auch hier in Deutschland.

Deshalb bin ich einer der Beschwerdeführer mit der „Klimaklage“ vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Gemeinschaft der Klimakläger hat nun eine wichtige Hürde gemeistert. Das Bundesverfassungsgericht hat unsere Beschwerde an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung geleitet und mit Fristsetzung bis 15. November 2019 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Das ist ein großartiger Schritt auf dem Weg unserer Verfassungsbeschwerde, nachdem wir sie im November 2018 eingereicht haben.

Hier ist mein Video-Statement zu dieser Entwicklung.